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#1

Der noch namenlose Romananfang von Chrisi

in Literatur 12.08.2010 15:41
von Chrisi | 41 Beiträge

1. Kapitel

Mit einem erstickten Schrei fuhr William aus dem Schlaf auf und tastete hektisch nach dem Dolch an seiner Hüfte, den er selbst des Nachts nicht ablegte. Sofort war er hellwach und seine bemerkenswert blauen Augen hefteten sich auf den niedrigen Eingang des Zeltes. Mit einem wütenden Laut schwang William die langen Beine über die Kante seines improvisierten Lagers, welches er nun bereits seit einigen Monaten bewohnte.
„Meine Güte, Cedric, musst du mich so erschrecken, wenn du mich schon weckst?“ Ruckartig sprang er auf die Füße und starrte seinen jungen Freund missmutig an. „Ich hoffe für dich, dass es dafür einen guten Grund gibt.“
Cedric konnte ein Grinsen nicht unterdrücken. Wie immer war er auch jetzt, obwohl Mitternacht schon überschritten war, guter Laune. William seufzte. Dieser Bengel schien wirklich keine Sorgen zu haben. Wenigstens als zuverlässig hatte er sich in den letzten Monaten erwiesen, da er ihn unter seine Fittiche genommen hatte und das war in seiner jetzigen Situation wohl das Wichtigste.
„Nun, sprich also. Was gibt es so Wichtiges, dass du mich aus meinem Schlaf reißt?“ Jetzt wirkte der Junge doch etwas nervös. „Hast du die Sprache verloren, Ced?“ „Nein, Will. Es ist nur…ein Bote war hier. Du sollst sofort nach London kommen. In ein kleines Haus nahe dem Tower. Du wüsstest schon, welches. Er war schneller weg, als ich noch eine Frage an ihn richten konnte. Aber er trug das Wappen des Königs!“ Beinahe ehrfürchtig sprach der Junge die letzten Worte aus.
William hingegen strich sich nur mit der Hand durch das dunkelbraune, halblange Haar. Es war ein kleiner Schock für ihn. Seit fast zwei Jahren lebte er nun schon als Ausgestoßener und jetzt ließ der König nach ihm rufen? Wie sollte er reagieren? Des Königs Ruf ließ man nicht einfach so unerhört verhallen. „Hey, Will! Was hast du?“fragte Cedric vorsichtig und legte dem Älteren die Hand auf die Schulter. William schüttelte den Kopf. „Nichts. Ich muss sofort aufbrechen. Du weißt, was du zu tun hast.“ Cedric nickte. „Schon erledigt.“ „Danke, mein Junge.“ William schenkte ihm ein Lächeln und trat mit großen Schritten aus dem weinroten Zelt hinaus in die Dunkelheit.
Offen konnte er nicht nach London gehen. Erstens würde man ihn erkennen und er hatte noch immer mächtige Feinde in Westminster, die dies auszunutzen wüssten. Zweitens aber war dem König wohl an Verschwiegenheit gelegen. Der Treffpunkt lag in einer recht zwielichtigen Gegend und allein das sprach schon für sich.
Kaum hatte William einige Schritte getan, erblickte bereits er im Schein des halb von Wolken verdeckten Mondes, was er für solche Fälle besorgt und nun durch Cedric hatte vorbereiten lassen: einen einfachen Holzkarren, vor den nun sein robuster Apfelschimmel gespannt war und eine Mönchskutte. Genau das Richtige, wenn man unerkannt reisen wollte, denn einen Mann Gottes hielt kaum jemand auf, der um sein Seelenheil bemüht war.

Die Glocke einer kleinen Kirche kündigte die dritte Stunde nach Mitternacht an, als sich ein Holzkarren mit knirschenden Rädern dem Stadttor Londons näherte. Mit gesenktem Kopf saß eine dunkle Gestalt darauf, die Zügel des scheinbar abgestumpften Kleppers lose in beiden Händen. Vor dem Tor ließ die Gestalt den Wagen zum Stehen kommen. Die Torwache hatte die Hand an das Heft seines Schwertes gelegt und kam einen Schritt näher. „Wer seid Ihr und was wollt Ihr?“ Die Stimme klang barsch und unfreundlich. Doch die Gestalt hob müde den Kopf und legte die langen Finger an ein großes Holzkreuz, welches sie um den Hals trug. „Ich wurde gerufen zu einem der Kinder Gottes, das meinen Beistand benötigt. Er gehörte früher zu meiner Gemeinde, bevor er hierher siedelte und wünscht von mir die letzte Ölung zu erhalten. Verzeiht die späte Stunde, doch der Bote erreichte mich nicht früher.“ Der Torwächter nickte. „Natürlich, Bruder. Möge Gott seiner Seele gnädig sein.“ Mit einem Knarren schwang die eine Hälfte des großen Tores auf und mit einem leisen Schnalzen des Mönches setzte sich der Wallach in Bewegung. Der Wächter blickte dem Geistlichen schaudernd hinterher, ehe er das Tor wieder schloss und auf seinen Posten zurückkehrte.
Er konnte nicht bemerken, dass der Wagen sich vom großen Wohnviertel entfernte und stetig Richtung Tower bewegte. Der Apfelschimmel bog in eine schmale Gasse ein und kam schließlich vor einem heruntergekommenen Haus, das vielleicht vor zwanzig Jahren einmal ansehnlich gewesen war, zum stehen. Erstaunlich leichtfüßig sprang der Mönch schließlich vom Karren, tätschelte seinem Pferd den Hals und trat an die morsche Holztür heran. Den scharfen, blauen Augen unter der Kapuze war der Kerzenschein nicht entgangen, der aus dem oberen Stockwerk glomm. Der Mann holte tief Luft, klopfte dreimal leise an die Tür und trat ein. Vorsichtig bewegte er sich die Treppe hinauf und hielt vor der nächsten Tür inne, denn aus dem Raum, der sich dahinter verbarg, drangen Stimmen. Eine davon kannte er nur zu gut und genau die Anwesenheit der zugehörigen Person beunruhigte ihn. Mit einer fließenden Bewegung streifte er die Kapuze ab und enthüllte halblanges, dunkelbraunes Haar und ebenmäßige Gesichtszüge. Noch einmal sammelte der angebliche Mönch sich und trat in das Zimmer. Was er als Kerzenschein interpretiert hatte, entpuppte sich als kleines Feuer, dessen Glut unheimliche Schatten warf, aber das Zimmer ein wenig wärmte. Das spärliche Licht ermöglichte ihm einen Blick auf das Bett, in dessen Nähe zwei Personen Stellung hatten und ihm entgegen sahen.
„Ihr seid also gekommen, William of Warwick.“, sagte eine tiefe, angenehme Stimme, aus der eindeutig Erleichterung sprach. „Nun, wir beide wissen, dass ich das nicht mehr bin. Ich bin nur noch William. Bestenfalls noch William, der Sünder. Und Ihr wisst auch, warum, mein König.“ William sank auf ein Knie. Seine Loyalität zu Edward war ungebrochen, trotz allem.
Der König nickte langsam und bedächtig. „Erhebt Euch.“ Der junge Geächtete kam auf die Füße und blickte den Mann, der die Geschicke ganz Englands lenkte, forschend an. Ein grauer Bart bedeckte schon dessen Kinn, doch das war es nicht, was William beunruhigt. Anders kannte er Edward nicht. Nein. Die Augen des ehemaligen Lords weiteten sich ungläubig, als er erst jetzt der jungen Frau Gewahr wurde, die auf der Bettkante saß und der der König die Hand auf die Schulter legte. Dem scharfen Blick Will’s entging die deutliche Wölbung ihres Leibes nicht, selbst wenn der Schnitt des edlen Seidenkleides darüber hinwegzutäuschen versuchte. Misstrauisch schaute er erst seinen König, dann die junge Frau an. Sie hatte den Kopf in scheinbarer Schüchternheit gesenkt und noch kein Wort gesagt. Ihr langes blondes Haar bedeckte einen Teil ihres Gesichts. „Womit kann ich Euch zu Diensten sein, Majestät? Darf ich fragen, warum Ihr mich in aller Heimlichkeit aus meinem Ausgestoßenendasein holt?“ „Nun, William, ich denke, es steht Euch zu, dies zu fragen. Bevor Ihr falsche Schlüsse zieht, lasst mich Euch meine Bitte unterbreiten. Dies ist meine Tochter Cecily. Wie Ihr zweifellos bemerkt habt, ist sie guter Hoffnung. Doch sie ist noch nicht vermählt. Ihr wisst, was das heißt. Dieses Kind ist ein Bastard.“ Seine Stimme war schneidend kalt. So abweisend hatte William seinen König noch nie erlebt. Doch er verstand. Edward fuhr fort: „Meine Widersacher im Parlament dürfen davon nichts erfahren, denn sie könnten es gegen mich verwenden und meine Macht, mein Ansehen, schmälern. Indes liebe ich meine Tochter dennoch und deshalb bitte ich Euch, bringt sie fort an einen Ort, wo sie sicher ist, aber auch nicht unter die Augen der Lords kommt.“
William blickte den König überrascht und ein wenig um Fassung ringend an. „Aber mein König…warum ich?“ „Weil Ihr trotz Eurer Taten stets treu zu meinem Haus gestanden habt ohne nach Macht zu gieren. Ihr seid der Einzige, dem ich sie anvertrauen würde. Ich bin Euch sehr dankbar und mir durchaus bewusst, welch ein Risiko Ihr auf Euch nehmt. Gebt gut auf sie Acht. Ich bin sicher…“Er warf ihr einen scharfen Blick zu.“…sie wird gerne auf die Annehmlichkeiten des Hofes verzichten um mir nicht zu schaden.“
William seufzte lautlos. „Wie Ihr wünscht, mein König.“ Was blieb ihm auch für eine Wahl? Wenigstens schien die Prinzessin das zu tun, was man von ihr verlangte ohne große Widerworte zu geben. Gerade hatte er begonnen darüber nachzudenken, wie er Cecily am Besten verbarg um London zu verlassen, da reichte der ältere Mann neben dem Bett, der sich im Hintergrund gehalten hatte, der jungen Frau einen dunklen Kapuzenumhang. Ihr Diener…vermutete Will. Nur mit Mühe konnte er ein Grinsen unterdrücken: Auf den würde sie in Zukunft verzichten müssen. Wie auf so vieles Andere auch. Das würde mal etwas Anderes sein für die verwöhnte Prinzessin, aber noch erschien sie ja ganz liebreizend. Er riss sich aus seinen amüsanten Gedanken und räusperte sich. „Seid Ihr bereit, Mylady?“ Will neigte ehrerbietig den Kopf, das gehörte sich einfach so. Erst jetzt fiel ihm auf, dass sie noch kein Wort gesagt hatte. Hatte es ihr etwa die Sprache verschlagen?
Das erste Mal hob sie den Kopf und strich das blonde Haar zurück. Ihre Augen waren tief grün und doch unverkennbar gerötet. Die Sache schien sie mehr mitzunehmen, als der König zugeben wollte. Der stellte sich das sehr einfach vor. Als sie dann doch sprach, hob William überrascht den Kopf. Ihr Stimme war fester, als er gedacht hätte und sie klang erstaunlich melodisch: Angenehm, weich wie Samt und zugleich von einer anziehenden Schüchternheit. Sie schien nicht wirklich zum Äußeren der Prinzessin zu passen. „Ja, Mylord.“ Mit einer fließenden Bewegung, die Will in ihrem Zustand gar nicht erwartet hätte, stand sie vom Bett auf, streifte den Umhang und die Kapuze über und machte einen Schritt auf ihn zu. Edward nickte und wandte sich ohne ein weiteres Wort ab. Sein langer, dunkelblauer Mantel bauschte sich auf, als er durch die Tür trat und über die Treppe verschwand, gefolgt vom Diener der Prinzessin. William und Cecily blieben allein zurück.
Erneut fuhr der junge Mann sich durch das dunkle Haar. Wie sollte er die Prinzessin unentdeckt aus der Stadt bringen? Sein Blick fiel auf die braune Mönchskutte und das dunklere Holzkreuz, das immer noch vor seiner muskulösen Brust hing. Seine blauen Augen leuchteten auf. Er hatte so eine Idee. „Mylady, ich muss Euch bitten, Euch auf dem Rückweg bis das Tor hinter uns liegt ruhig zu verhalten und ein paar Tränen können auch nicht schaden. Ist es möglich, dass Ihr eine trauernde Witwe darstellt?“ Die blonde Frau nickte und zog die Kapuze tiefer ins Gesicht um nicht erkannt zu werden. Galant hielt Will ihr die Tür auf, löschte das Feuer und geleitete sie zum Wagen. Er reichte ihr die Hand und half ihr auf den Kutschbock. Der Druck ihrer Hand war kaum zu spüren. Sie war beweglicher, als er gedacht hatte. Er zog sich die Kapuze ins Gesicht und sprang auf den Karren. „Auf geht’s, Jasper!“ rief er seinem Apfelschimmel leise zu. Der setzte sich langsam in Bewegung. Niemand würde je darauf kommen, wie viel Temperament dieses Pferd eigentlich besaß. Das Tor kam immer näher und schon schritt der Wächter wieder von der Stadtmauer zu ihm hinunter. Cecily senkte den Kopf. Tränen rannen über ihre Wangen, verborgen unter der weiten Kapuze. Sie brauchte sich dafür nicht einmal anzustrengen. Es war das erste Mal, dass sie London wirklich verließ. Sie wusste, dass es diesmal nicht nur die nächste Stadt gehen würde. An der Seite dieses Fremden schickte ihr Vater sie in eine ungewisse Zukunft. William hob den Kopf ein wenig und sah dem Wächter entgegen. „Oh, da seid Ihr ja wieder, Bruder. Bleibt Ihr nicht über Nacht? Es ist gefährlich im Wald.“ Der junge Mann unterdrückte ein Grinsen, als er der Wache antwortete: „Oh nein. Ich muss zurück zu meinen Schützlingen. Meine Aufgabe hier ist erledigt.“ Er senkte die Stimme, als er von dem vermeintlich Toten sprach. „Seine Witwe reist mit mir. Sie erträgt es nicht, ihr Haus weiter zu bewohnen. Sie trauert sehr um ihn.“, fügte er fast flüsternd hinzu. Der Mann senkte betreten das Haupt. „Natürlich. Mein Beileid, Mylady.“ Wieder öffnete er das Tor und gewährte William so den Fluchtweg auf den er gehofft hatte. Na also, geht doch, du Dummkopf.
Ruhig, wie es sich für einen Mann Gottes gehörte, ließ er den Wallach durch das Tor treten. Erst nach einer Meile schnalzte er mit der Zunge und das Pferd wurde schneller. Nichts war zu hören als das gleichmäßige Trommeln von Jaspers Hufen auf dem Waldboden. Doch plötzlich zupfte Cecily an seiner Kleidung. „Haltet an!“ presste sie zwischen den Zähnen hervor und schlug eine Hand auf den Mund. William schaute sie verblüfft an, zügelte aber den Apfelschimmel. Der Wallach wurde langsamer und fiel in Schritt, blieb schließlich schnaubend stehen. Aber es war schon zu spät. Die junge Frau beugte sich nach vorne und übergab sich – genau auf den Schoss ihres Retters. Will sprang angewidert auf und bedachte den unansehnlichen Fleck mit einer Grimasse. Flink schlüpfte er aus seiner Mönchskutte, die er zum Glück noch trug. Jetzt war wohl eine Neue fällig. Er warf sie einfach in die Büsche und kam wieder näher. „Lady Cecily, geht es Euch besser?“ Sie antwortete nicht. Kalkweiß lehnte sie am Holzkarren und rang nah Luft. Eine ihrer zierlichen Hände hatte sie beschützend um ihren gewölbten Leib gelegt. Auch William schwieg nun, ließ ihr Zeit sich zu beruhigen. Schließlich setzte sie sich wieder aufrecht hin, eben eine wahrhafte Prinzessin. Ihre Stimme klang auch wieder halbwegs fest. „Habt Dank. Es geht wieder.“ Will zog skeptisch eine dunkle Augenbraue hoch, sagte aber nichts, sondern nahm wieder neben ihr Platz und hob die Zügel auf. „Ich glaube, ein weniger schnelles Tempo käme Euch entgegen, nicht wahr?“ Ein Grinsen konnte er nicht unterdrücken. Cecily blickte ihn wütend an, zügelte aber ihren Zorn. „Da könntet Ihr Recht haben.“, erwiderte sie kühl und richtete den Blick ihrer grünen Augen demonstrativ in die entgegengesetzte Richtung. „Aber keine Sorge, es ist nicht mehr weit bis zu Eurem neuen Zuhause.“ Will lachte innerlich. Mit dieser Frau würde er noch seinen Spaß haben, dass wusste er jetzt schon.
Eine Stunde später brachte William den Wallach erneut zum Halten, aber diesmal endgültig. Kaum hatte er – wie ein wahrer Gentleman eben – Cecily die Hand gereicht und ihr vom Wagen geholfen, kam auch schon Cedric angelaufen, gefolgt von den anderen Bewohnern des geheimen Lagers. Ihnen schienen fast die Augen rauszufallen, als sie des kostbaren Kleides und der umwerfenden Schönheit seiner Begleiterin Gewahr wurden. Der junge Cedric konnte seine Neugier nicht unterdrücken. Er kam näher und sprach ohne jede Begrüßung der Dame Will an. Manieren kannte er eben nicht wirklich, war der blonde Junge doch als Bauernsohn geboren. „Gott sei gepriesen, Will. Ich habe mir schon Sorgen gemacht. Aber wer ist sie?“, raunte er William zu. Der klopfte Ced auf die Schulter. „Sie ist die Tochter des Königs. Sie wird in nächster Zeit bei uns wohnen. Kein Grund zur Beunruhigung. Und vor ihr im Staub zu kriechen brauchst du auch nicht.“, erwiderte er zwar leise, aber doch für Cecily vernehmbar. Die setzte zu einer patzigen Antwort an, wurde aber von der nun auftauchenden Person daran gehindert. Eine rundliche, ältere Frau näherte sich langsam, es sah fast aus, als würde sie rollen. Sie trug ein weites, knallbuntes Gewand, schon ausgefranzt an den Rändern und mit Flecken unbestimmter Herkunft bekleckert, sowie darunter eine dunkle Hose. Diese Aufmachung ließ die Prinzessin ihre königliche Würde für einen Moment vergessen. Sie blinzelte nur irritiert. Eine Frau, die eine Hose trug? Welch unverschämtes Weib trug Männerkleidung? William grinste nur beim Anblick von Cecilys Miene. „Darf ich vorstellen? Das ist Anne, die gute Seele des Lagers.“ Anne hörte gar nicht zu. Sie stürmte geradezu auf die junge Frau zu, legte ihr einen ihrer dicken Arme um die Taille und zog sie mit sich. „Komm, mein Kind. Wir wollen doch mal sehen, wie wir dich einquartieren.“ Cecily war der unbezwingbaren Naturgewalt hilflos ausgeliefert. Aber andererseits war sie froh, eine Frau im Lager zu wissen, so lasterhaft sie auch sein mochte. Anne hatte immerhin fast etwas Mütterliches.
Cecily folgte Anne zügig. Unter den ganzen Männern fühlte sie sich nicht recht wohl. Doch vor allem loderte in ihr die Wut auf ihren Vater. Wie konnte er ihr das antun? Ihr und seinem Enkelkind, nur wegen seines Ansehens. Noch dazu schickte er sie zu solch einem Flegel wie dem lasterhaften William of Warwick, über den nicht sehr schmeichelhafte Gerüchte im Umlauf waren.
Anne brachte sie zu einem Zelt aus schwerem, dunklem Stoff. „Das hier ist dein neues Heim, mein Kind. Wenn du etwas brauchst, lass es mich wissen. Mach dir keine Sorgen, alles wird gut.“ Sie strich der jungen Frau sanft übers Haar und verschwand erstaunlich wendig für ihre Körperfülle. Cecily blieb allein zurück und ließ sich vorsichtig auf das niedrige Lager sinken. Sie legte die Hand fast beschützend auf ihren Bauch. Nun ungestört konnte sie ihren Tränen freien Lauf lassen. Enttäuschung, Angst und Wut machten sich in ihr breit. Hier unter völlig Fremden sollte sie nun also leben, womöglich sogar ihr Kind zur Welt bringen. Wieder einmal bereute sie, sich jemals auf Jeffrey eingelassen zu haben.
Die ersten Tage wurden schwer für die junge Frau. Das ungezwungene, einfache Leben war ihr so vollkommen fremd.



-Fortsetzung folgt [hoffentlich] -

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#2

RE: Der noch namenlose Romananfang von Chrisi

in Literatur 12.08.2010 15:50
von Mary | 32 Beiträge

Wirklich toll geschrieben, Chrisi!
Gefällt mir ♥
Aber wie du ja von unsrer tollen Shoutbox weißt, hab ich ne Schwäche für Mittelalter Romane

glg
May

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#3

RE: Der noch namenlose Romananfang von Chrisi

in Literatur 13.08.2010 22:51
von Corbeau | 35 Beiträge

Sehr schön geschrieben!
Du hast sehr schön formuliert, auch wenn manche Sätze etwas anstrengend zu lesen sind... Ich hoffe es geht weiter.

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#4

RE: Der noch namenlose Romananfang von Chrisi

in Literatur 19.09.2010 11:37
von Jussi | 103 Beiträge

Ich kann mich den anderen nur anschließen :') Wunderschön geschrieben x3

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